Der historische Hintergrund des christlichen Auferstehungsglaubens

Als Jesus am Kreuz hingerichtet worden war, hatten seine Anhänger
keine Erwartungen mehr. Sie waren deprimiert, ihrer Hoffnungen
beraubt und verließen Jerusalem. Nach einiger Zeit erklärten sie
in öffentlichen Predigten, das Jesus von Gott aus dem Tod auferweckt
und in den Himmel erhöht worden sei. Wie ist dieser Umschwung erklärbar?

Erklärungen, die zu kurz reichen
Die älteste Erklärung findet sich beim Evangelisten Matthäus.
Im 27. Kapitel seines Evangeliums wird folgende Begebenheit
nach der Grablegung Jesu berichtet:
„ Am nächsten Tag gingen die Hohenpriester und Pharisäer
gemeinsam zu Pilatus; es war der Tag nach dem Rüsttag.

Sie sagten: Herr, es fiel uns ein, das dieser Betrüger, als er noch lebte,
behauptet hat: Ich werde nach drei Tagen auferstehen. Gib also den Befehl,
das das Grab bis zum dritten Tag sicher bewacht wird. Sonst könnten
seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volk sagen: Er ist von den
Toten auferstanden. Und dieser letzte Betrug wäre noch schlimmer als
alles zuvor. Pilatus antwortete ihnen: Ihr sollt eine Wache haben. Geht
und sichert das Grab, so gut ihr könnt. Darauf gingen sie, um das Grab
zu sichern. Sie versiegelten den Eingang und ließen die Wache dort.“ Kap. 27, 62-66
Nachdem Jesus sich am Ostermorgen den Frauen zu erkennen gegeben hatte und die
Wächter Zeugen der Auferstehung geworden waren,„kamen einige
(der Wächter) in die Stadt und berichteten den Hohenpriestern alles, was geschehen war

Diese fassten gemeinsam
mit den Ältesten den
Beschluss,die Soldaten zu
bestechen. Sie gaben ihnen
viel Geld und sagten:
Erzählt den Leuten:
Seine Jünger sind bei Nacht
gekommen und haben ihn
gestohlen, während wir
schliefen. Falls der Statthalter
davon hört, werden wir ihn
und dafür sorgen,das ihr
nichts zu befürchten habt.
Die Soldaten nahmen das
Geld und machten alles so,
wie man es ihnen gesagt hatte.
So kommt es, das das Gerücht
bis heute verbreitet ist.
“ Matthäus 28,11-15
   

Die Befürchtung der jüdischen Obrigkeit, die Jünger würden unmittelbar nach
der Kreuzigung behaupten, Jesus lebe, war unbegründet. Die Evangelien
berichten dann auch, das die Jünger voller Angst in der Stadt bleiben und nur
die Frauen zum Grab gehen, um den Leichnam endgültig zu versorgen, der am
Abend des Karfreitages schnell begraben werden musste, denn die Sabbatruhe,
die mit der Dämmerung begann, musste beachtet werden. Eine Absicht der Jünger,
den Leichnam zu stehlen, war nicht zu erkennen.
Eine andere Version wird im Islam erzählt: Jesus sei nicht am Kreuz gestorben,
sondern wieder losgekommen, wäre mit Maria von Magdala nach Persien
gegangen und sei dort gestorben. Eine andere Version wird auch schon früh
von den Gnostikern verbreitet: Jesus, der nicht wirklich Mensch war, sondern
nur in einem Scheinleib sich zeigte, verließt die Erde vor der Kreuzigung,
gekreuzigt wurde an seiner Stelle Simon von Cyrene.




Der Innere Prozess der Jünger
Die Bibel berichtet davon, das die Anhänger Jesu nur langsam zum Glauben
an die Auferstehung gekommen sind, so das es historisch unwahrscheinlich ist,
das sie selbst die Idee entwickelt hätten, Jesus sei von den Toten auferstanden.
Mit seinem Tod waren ihre Hoffnungen, Jesus würde das messianische Reich
aufrichten, zerbrochen. Für einen Juden war es besonders schlimm, das Jesus
nicht nur von der jüdischen Obrigkeit verurteilt wurde, sondern das er an die Römer,
d.h. Heiden, ausgeliefert worden war. Gott musste seinen Gesalbten, den sie
als den Messias erkannt hatten, verlassen haben. Sie hatten sich Jesus deshalb
angeschlossen, weil sie durch seine Predigt und seine Wundertaten überzeugt wurden,
das er der Gesandte Gottes sein musste. Gott konnte seinen Gesandten nicht
so schmählich enden lassen.
Wenn sie von sich aus nicht in der Lage waren, das Scheitern des Messias in eine
Frohe Botschaft umzuinterpretieren, dann müssen sie von außen zu der Vorstellung
gebracht worden sein, das Jesus nicht bei den Toten geblieben ist, sondern lebt. Es
war dann auch die Botschaft von der Auferstehung und nicht der Bericht über die
Hinrichtung am Kreuz, die Ausgangspunkt des „Neuen Weges“ wurde, den die
Anhänger Jesu innerhalb des Judentums gehen wollten, ehe es zur Trennung
von Christen und Juden kam. Der Sonntag als Feiertag innerhalb der Woche hat
von Anfang an die Auferstehung zum Inhalt, Ostern ist das zentrale Fest der
christlichen Kirche, das von Anfang an gefeiert wurde, während unser
Weihnachtsfest erst im 4. Jahrhundert entstand.
„ Wenn aber verkündet wird, das Christus von den Toten auferweckt worden ist,
wie können dann einige von euch sagen: eine Auferstehung der Toten gibt es nicht.
Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden.
Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer
und euer Glaube sinnlos. .... Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf
Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.

Nun aber ist Christus von den Toten
auferweckt worden als der Erste der
Entschlafenen.“ schreibt Paulus im
1. Korintherbrief 15,12-14, 19-20
Dieser Brief ist älter als die Evangelien,
er ist zwischen 53 und 55 geschrieben,
also 20 Jahre nach der Kreuzigung Jesu.
In ihm findet sich der älteste schriftliche
Bericht über die Auferstehung. Paulus
fasst die Gute Botschaft, das Evangelium,
in einem frühen Credo zusammen:

„ Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift,
und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift.
Und er erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert
Brüdern zugleich, die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.
Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. Als letztem von allen erschien
er mir, dem Unerwarteten, der 'Missgeburt‘. Denn ich bin der Geringste von den Aposteln;
ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe.
Doch durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin.“ Kap 15,3-10
Die von Paulus aufgezählte Liste derjenigen, die eine Auferstehungserfahrung gemacht
haben, umfasst mehr Namen als in den Auferstehungsberichten der Evangelien zu finden sind.

Die Überzeugung, das Jesus lebt
Der Bericht des Paulus wie auch die der Evangelisten zeigen, das Jesus sich
seinen Anhängern gezeigt hat und sie durch diese Erscheinungen zur Überzeugung
kamen, das er nicht im Tod geblieben, sondern auferweckt worden ist, dass er lebt.
Um die in den Berichten beschriebenen Phänomene einordnen zu können,
muss im Auge behalten werden, das Jesus mit der Auferstehung nicht wie der
aus dem Grab gerufene Lazarus in dieses Leben und damit in die menschliche
Geschichte zurückgekehrt ist. Jesus bleibt im Sinne der menschlichen Existenz tot.
Die Auferstehung bezieht sich auf eine andere Wirklichkeit, Jesus ist mit seinem Leib
(und seiner Seele) in eine himmlische Existenz hinüber gegangen. Er bleibt dadurch
gegenwärtig, nicht nur im Gedächtnis seiner Anhänger oder so wie Mozart gegenwärtig
bleibt, wenn seine Kompositionen erklingen. Aus dem neuen Leben kann Jesus sich
seinen Anhängern zeigen, so wie er Paulus auf der Straße von Jerusalem nach Damaskus
begegnet ist. Den Christen ist verheißen, das sie wie Jesus auch in einer himmlische Existenz,
mit Leib und Seele, aufgenommen werden. Dieser Glaube auf einen Leben nach
dem Tod bezieht ausdrücklich die Existenz des Leibes ein.

Wolfhart Pannenberg über die Bedeutung der Auferstehung für Jesus uns seine Jünger:
Die Erwartung des irdischen Jesus richtete sich … aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht auf eine nur ihm sozusagen privat widerfahrende Auferweckung
der Toten, sondern auf die nahe bevorstehende allgemeine Totenauferweckung
, die natürlich auch ihm selbst, falls er zuvor sterben sollte, widerfahren wäre.
Als den Jüngern Jesu dann der Auferstandene begegnete, da haben sie das
zweifellos ebenfalls als den Beginn der Endereignisse verstanden. ….
Die endgültige göttliche Bestätigung Jesu wird erst durch das Geschehen
seiner Wiederkunft erfolgen. Dann erst wird die Offenbarung Gottes in Jesus
in ihrer endgültigen, unwiderstehlichen Herrlichkeit sichtbar werden.
Grundzüge der Christologie, 1964 S. 61 und 105


 



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